Barrierefreies Streaming: Zwischen Gesetzgebung und Realität

Barrierefreies Streaming: Zwischen Gesetzgebung und Realität – Wie Menschen mit Hörbeeinträchtigung die Mediennutzung erleben und was sie sich zur Verbesserung wünschen

Wie Menschen mit Hörbeeinträchtigung die Mediennutzung erleben und was sie sich zur Verbesserung wünschen

Ein Gast-Artikel von Vanessa Spoden

Bereits im Artikel 3.3 des deutschen Grundgesetzes wird verlangt, dass „[n]iemand […] wegen seiner Behinderung benachteiligt werden [darf]“.7 Am 28. Juni 2025 soll das sogenannte Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft treten.4 Mit diesem Gesetz wird die Richtlinie, die alle europäischen Mitgliedsstaaten dazu verpflichtet, „den gesamten Online-Handel für [Verbraucher:innen] barrierefrei zu gestalten“.3 Hierzu zählt u. a. auch der Zugang zu sogenannten audiovisuellen Medien, wie z. B. Streamingplattformen.3,4

Barrierefrei bedeutet, dass z. B. ein Produkt „von möglichst vielen Menschen in jedem Alter mit unterschiedlichen Fähigkeiten weitgehend gleichberechtigt und ohne Assistenz […] benutzt werden kann“.6  Doch auch wenn das Thema momentan für viele vielleicht nicht relevant zu sein scheint, so kann sich diese Situation schnell ändern, denn lediglich ein Bruchteil von ca. 3 % der Behinderungen13 gilt als angeboren.13,16 Generell kann demnach jeder Mensch, wenn auch nur temporär, im Laufe seines Lebens von Einschränkungen betroffen sein.1,7,11.

Doch wie steht es um das Thema Barrierefreiheit aus Sicht von Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung?

Ist ein Smart-TV ohne Weiteres nutzbar und welche Anforderungen ergeben sich an die Anbieter von Streamingdiensten?

Im Jahr 2019 lebten in Deutschland 10,4 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung.15 Wenn man sich nun den Teil der Betroffenen mit einer Hörbeeinträchtigung genauer anschaut, dann waren 2021 in Deutschland bereits 13,3 Millionen Menschen über 14 Jahren hörbeeinträchtigt5 und die Anzahl ist bis heute auf mindestens 16 Millionen Menschen angestiegen8. Weltweit tritt sogar bei mehr als 1,5 Milliarden Menschen ein Hörverlust auf.18

Tinnitus, Altersschwerhörigkeit, fortschreitende Entwicklung bei einer Hörschädigung von minimal bis auffällig, einseitige Taubheit oder Schwerhörigkeit sind Beispiele von Hörbeeinträchtigungen. Die häufigsten Formen von Hörbehinderungen sind Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit. Der Zeitpunkt der Hörbehinderung spielt eine wichtige Rolle: eine Taubheit von Geburt kann zu deutlichen Schwierigkeiten beim Erlernen der klassischen Schriftsprache führen2, wohingegen sich eine leichte Hörbehinderung im höheren Alter meist gut mit einem Hörgerät ausgleichen lässt.17

Nichtsdestotrotz kann ein Hörgerät den Hörverlust selbst nicht vollständig ausgleichen. Auch bei bester Versorgung bleiben für die Betroffenen immer Defizite im Hörverstehen bestehen. 9 Beeinträchtigt sind die Kommunikation und das Zuhören, die Sprache und das Sprechen, die Kognition, die Bildung, das Berufsleben, die soziale Integrität, die mentale Gesundheit und letztlich Beziehungen jeglicher Art im gesamten Umfeld und Alltag der Betroffenen.18

Menschen mit Behinderungen haben unterschiedliche Bedürfnisse und Herausforderungen bei der Mediennutzung, daher sind vielfältige Maßnahmen zur Inklusion erforderlich.

Hörbeeinträchtigte Personen kämpfen oft mit verzerrtem Sprachbild und eingeschränktem akustischen Gedächtnis, was selbst mit Hörsystemen erhöhte Konzentration erfordert.9 Technische Hilfsmittel wie Bluetooth-Streaming, über welche das Hörsystem direkt mit dem Endgerät verbunden werden kann, helfen und bieten z. B. beim Anschauen von Nachrichten einen Vorteil. Dennoch haben sie auch Nachteile wie fehlende AUX-Anschlüsse bei modernen TVs, Adapterprobleme und Verbindungsunterbrechungen. Außerdem sind sie nicht immer mit verschiedenen Hörsystemen kompatibel. Zudem bleiben die Probleme beim Sprachverstehen oft bestehen.9,12 Hinzukommen Faktoren wie falsche Betonung, schnelles Sprechen, Hintergrundgeräusche, Mischverhältnis zwischen Sprache und Musik oder Tonqualität, die das Sprachverständnis verschlechtern.10

Ohne zusätzliche Hilfsmittel wie Untertitel haben viele Betroffene Schwierigkeiten bei der Nutzung von Audio- und Videoinhalten.12,14,17 Daher sind zusätzliche Hilfsmittel wie Untertitel wichtig und unerlässlich. Im Rahmen einer explorativen Studie (mit 8 Teilnehmenden) zum Thema: „Hürden und Barrieren von Hörbeeinträchtigten im Kontext der Video Streaming Nutzungsapplikationen am Smart-TV und die daraus resultierenden Anforderungen an die User Experience” bestätigten dies fast alle Befragten. Eine Testperson betonte, dass Untertitel sogar die einzige Möglichkeit seien, TV-Inhalte verstehen zu können. Und auch wenn einige der Befragten Untertitel auf Dauer anstrengend fanden, werden diese dennoch genutzt – denn das Nicht-Vorhandensein von Untertiteln kann im schlimmsten Fall sogar zur Nicht-Nutzung von Videoinhalten führen.

Doch auch fehlende oder fehlerhafte Untertitel sind für die Befragten ein Störfaktor, einschließlich fehlender deutscher Untertitel, inhaltlich falscher, zeitversetzter oder automatisch generierter Untertitel. Somit gehören Untertitel für die Befragten zur Mediennutzung dazu und sind dabei zum Teil schon zur Gewohnheit geworden. Das Nicht-Vorhandensein von barrierefreien Inhalten beeinflusst für die Betroffenen gleichermaßen die Inhaltsauswahl und das Sprachverstehen, bei einigen reicht dies sogar bis zur emotionalen Belastung.

Eine Zukunftsvision für barrierefreies Streaming?

Die Mehrheit der Befragten wünscht sich zur Verbesserung der User Experience einen Filter für barrierefreie Inhalten, der einfach zugänglich sein soll – sei es in der Navigationsleiste, den allgemeinen Einstellungen der Smart-TV App oder auf der Startseite der Streaming-App. Zudem ist eine klare Kennzeichnung für barrierefreie Inhalte unverzichtbar, da diese die Mediennutzung maßgeblich vereinfacht und es für die Betroffenen dann viel leichter ist, schnell Content-Entscheidungen zu treffen. Ob es dabei bei einer reinen Zukunftsvision bleiben wird, wird sich schon bald zeigen. Denn bereits 2025 müssen Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung aufgrund der bevorstehenden Gesetzesänderungen mit der Pflicht zur Barrierefreiheit für Streamingplattformen durch das BFSG besonders berücksichtigt werden.

Gastartikel-Autorin Vanessa Spoden

Autorenvita: Vanessa Spoden, geboren 1995, studierte Markt- und Medienforschung an der Technischen Hochschule in Köln und schloss ihr Masterstudium im Februar 2024 ab. Im Rahmen ihrer Masterarbeit hat sie eine qualitative Feldstudie im Bereich der User Experience, spezifiziert auf den Themenbereich der Barrierefreiheit innerhalb des Video-Streamings mit Fokus auf Menschen mit einer Hörbeeinträchtigung, durchgeführt. Die Masterarbeit wurde in Kooperation mit der RTL Deutschland GmbH verfasst.

Literatur- & Quellenverzeichnis:

1Alberding, Stefanie & Schneider, Matthias (2015): Barrierefreiheit in den Digital Humanitites. Probleme und Lösungen am Beispiel des Tübinger Systems von Textverarbeitungs-Programmen (TUSTEP). In: Kerkmann, Friederike & Lewandowski, Dirk (Hrsg.). Barrierefreie Informationssysteme. Zugänglichkeit für Menschen mit Behin-derung in Theorie und Praxis. München: Walter de Gruyter GmbH, S. 126-139.
2Aktion Mensch e.V. & die medienanstalten (Hrsg). (Forschungsbericht 2016): Medien-nutzung von Menschen mit Behinderungen, S. 22-23. In: die-medienanstalten.de [online]. https://www.die-medienanstalten.de/publikationen/weitere-veroeffentlichungen/artikel/mediennutzung-von-menschen-mit-behinderungen.
3Bundesfachstelle Barrierefreiheit (o.J.): Der „European Accessibility Act“. In: bundes-fachstelle-barrierefreiheit.de [online]. https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Produkte-und-Dienstleistungen/European-Accessibility-Act/european-accessibility-act_node.html.
4Bundesministerium für Arbeit und Soziales (2021): Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze; S. 2-3, 23. In: bmas.de [online]. https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetze/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=3.
5Deutscher Schwerhörigenbund e. V. (o.J): Statistiken. In: Deutscher Schwerhörigenbund e.V. [online]. https://www.schwerhoerigen-netz.de/statistiken/?L=0.
6DIN e.V. (Hrsg.). (DIN-Fachbericht 124, 2002): DIN-Fachbericht 124. Gestaltung barrierefreier Produkte. Berlin: Beuth-Verlag, S. 9.
7Döring, Nicola & Ingerl, Andreas (2008): Medienkonzeption. In: Batinic, Bernad & Appel, Markus (Hrsg.). Medienpsychologie. Heidelberg: Springer Medizin Verlag, S. 403-424.
8DSB (o.J.): 10 Fakten zum Hören. In: Deutscher Schwerhörigenbund e.V. [online]. https://www.schwerhoerigen-netz.de/fileadmin/user_upload/dsb/Newsletter/2022/04/10_Fakten_zum_Hoeren.PNG.
9DSB (2017): DSB-Ratgeber 1. Hörschädigung – Was kann ich dagegen tun? Für Menschen mit Hörminderungen und ihre Angehörigen, S. 12, 16, 18. In: Deutscher Schwerhörigen-bund e.V. [online]. https://www.schwerhoerigen-netz.de/fileadmin/user_upload/dsb/Dokumente/Information/Service/Ratgeber/Ratgeber1_Hoerschaedigung-Was_kann_ich_dagegen_tun.pdf.
10Eberhard, Michael; Eberhardt, Matthias; Ebert, Erich; Hergenröder, Elmar; Kiefer, Max; Matejka, Daniel & Siegfried, Askan (2014): Sprachverständlichkeit im Fernsehen. Empfehlungen für Programm und Technik, S. 7, 13. In: ard.de [online]. https://www.ard.de/die-ard/ARD-ZDF-Sprachverstaendlichkeit-im-Fernsehen-100.pdf.
11Hirschberg, Marianne (2021): Barrieren als gesellschaftliche Hindernisse – Sozialwissenschaftliche Überlegungen. In: Schäfers, Markus & Welti, Felix (Hrsg.). Barriere-freiheit – Zugänglichkeit – Universelles Design. Zur Gestaltung teilhabeförderlicher Umwelten. Kempten: Julius Klinkhardt, S. 23-35.
12Kannengießer, Inga & Prickartz Björn (2006): Web-Ergonomie und Barrierefreiheit im Internet. Bergisch Gladbach: Edwin Ferger Verlag, S. 74.
13Nestler, Simon (2022): Menschzentrierte Digitalisierung. Praxisleitfaden für eine gelungene Usability und User Experience in der öffentlichen Verwaltung. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 16.
14Schulte, Beate (2006): Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal im Internet. In: Wind, Martin & Kröger, Detlef (Hrsg.). Handbuch IT in der Verwaltung. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag, S. 379-392.
15Statistisches Bundesamt (Destatis) (2021): Öffentliche Sozialleistungen 2019. Lebens-lagen der behinderten Menschen. Ergebnis des Mikrozensus, S. 15-16. In: destatis.de [online]. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/Publikationen/Downloads-Behinderte-Menschen/lebenslagen-behinderter-menschen-5122123199004.pdf?__blob=publicationFile.
16Statistisches Bundesamt (Destatis) (2022): Statistik der schwerbehinderten Menschen 2021, S. 13, 22. Kurzbericht. In: destatis.de [online]. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Gesundheit/Behinderte-Menschen/Publikationen/Downloads-Behinderte-Menschen/sozial-schwerbehinderte-kb-5227101219004.pdf?__blob=publicationFile.
17Weist, Daniel (2004): Accessibility – Barrierefreies Internet. Hintergründe. Technik. Lösungen für Menschen mit Behinderungen. Berlin: VDM Verlag Dr. Müller., S. 52.
18World Health Organization (2021): WORLD REPORT ON HEARING, S. 10, 45-48. In: World Health Organization [online]. https://www.who.int/publications/i/item/9789240020481.
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Wie kann Echo zum Nulltarif* anbieten, obwohl vergleichbare Hörgeräte beim herkömmlichen Akustiker 1500€ bis 2500€ Zuzahlung kosten?

Zunächst möchten wir Ihnen erklären, warum die Hörgeräte-Preise beim herkömmlichen Akustiker überhaupt so hoch sind.

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