Längst haben Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO) nichts mehr mit den klobigen Otoplastiken, wie wir sie noch von unseren Großeltern kennen, gemein. Die mittlerweile deutlich dezenteren Ohrpassstücke überzeugen in vielerlei Hinsicht: Etwa 90 Prozent aller Hörgeräte-Träger entscheiden sich daher für ein HdO-Hörgerät und profitieren beispielsweise von hohem Tragekomfort, leistungsstarker Technik und Extras wie Bluetooth.
Dabei eignen sich Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte zur Versorgung von leichtem, mittlerem und schwerem Hörverlust. Erhältlich sind sie in zwei grundsätzlichen Bauformen.
Was ist der Unterschied zwischen einem BTE Hörgerät und einem RIC Hörgerät?
Entscheidend ist der Sitz des Lautsprechers. Grundsätzlich besteht ein HdO-Hörgerät immer aus drei Teilen:
- In dem Gehäuse hinter der Ohrmuschel befinden sich alle technischen Komponenten wie Mikrofon, Verstärker, Lautstärkeregler, Batterie und Sprachprozessor.
- Das Ohrpassstück sitzt direkt im Gehörgang.
- Dazu gibt es eine unauffällige Verbindung zwischen den beiden ersten Bauteilen.
Nun zum Unterschied: Bei einem Behind-the-Ear (BTE) Hörgerät, bei dem sich auch der Lautsprecher im Gehäuse hinter dem Ohr befindet, handelt es sich dabei um einen dünnen bis mitteldicken Schlauch. Dieser leitet den verstärkten Schall ins Ohr.
Bei einem Receiver-in-the-Canal (RIC) Hörgerät – auch Ex-Hörer-Hörgerät genannt – befindet sich der Lautsprecher im Ohrpassstück, also im Ohr. In diesem Fall verbindet ein sehr dünnes Kabel das Gehäuse hinter dem Ohr mit dem Lautsprecher im Ohr.
BTE Hörgerät = Schlauch-System
Bei einem Behind-the-Ear (BTE) Hörgerät sitzt also auch der Lautsprecher im Hörgeräte-Gehäuse und der Schall gelangt durch einen Kunststoffschlauch in den Gehörgang. Die Schallschläuche gibt es mit unterschiedlichen Durchmessern. Bei leichtem Hörverlust reicht manchmal ein besonders diskretes Dünnschlauch-System. In diesen Fällen können auch Fixierschirmchen für eine offene und komfortable Versorgung und zum Einsatz kommen.
Besser ist die Übertragungsqualität bei einem größeren Durchmesser. Dann eignet sich ein Schlauch-System auch für die Versorgung von fortgeschrittener Schwerhörigkeit von bis zu 95 %. In diesen Fällen werden dann individuelle Otoplastiken angefertigt (geschlossene Versorgung).
Allerdings: Nachdem der Schall im Gehäuse hinter dem Ohr verstärkt wurde, muss er bis zum Trommelfell den Umweg über den Schallschlauch nehmen. Dabei kann es zu unangenehmen Verzerrungen kommen. Alle vier bis sechs Monate muss der Schallschlauch ausgetauscht werden.
RITE Hörgerät/RIC Hörgerät/RIE Hörgerät = Ex-Hörer-System
Viele Abkürzungen, eine Bedeutung: RIC, RITE, RIE bezeichnen alle die gleiche Hörgeräte-Bauform und sind abgewandelte Abkürzungen von Receiver-in-the-Canal/Ear Hörgeräten, die widerrum auch als Ex-Hörer-Systeme bezeichnet werden.
Bei diesen Hörgeräte-Modellen befindet sich der Lautsprecher im Gehörgang, so dass der Schall quasi direkt auf das Trommelfell trifft. Den Weg vom Verstärker im Gehäuse hinter dem Ohr bis zum externen Hörer im Hörkanal nimmt der Schall als elektrisches Signal. So entsteht ein besonders klarer Klang mit hoher Sprachqualität. Da zudem kaum Schallenergie verloren geht, werden auch leise Töne besser wahrgenommen.
Dass der Hörer keinen Platz in der Otoplastik beansprucht, hat mehrere Vorteile: Entweder kann das Gehäuse kompakter gebaut werden und ist damit unauffälliger. Oder der freie Raum wird für einen leistungsstärkeren Verstärker genutzt. Allerdings gerät ein Ex-Hörer aufgrund seiner filigraneren Bauart eher an seine Leistungsgrenze: Ein RIC Hörgerät erlaubt eine offene Versorgung und eignet sich daher eher zur Versorgung von leichtem bis höherem Hörverlust, jedoch weniger für Härtefälle.
RIC Hörgerät: Mit Ohrpassstück (Otoplastik) oder Fixierschirmen?
Damit der Ex-Hörer gut im Gehörgang sitzt, wird er bei auch mit RITE abgekürzten Hörgeräten entweder in einer individuell angepassten Otoplastik oder mit Fixierschirm getragen.
Fixierschirme verschließen den Gehörgang als „offene Versorgung“ nicht vollständig. Das Innenohr ist also gut belüftet. Aufgrund der geringen Größe der Fixierschirmchen besteht jedoch eine gewisse Gefahr des Verrutschens. Insbesondere bei der Erstversorgung punkten die auch „Domes“ genannten Schirme aber durch angenehmen Tragekomfort und erhöhen die Akzeptanz.
Individuell angepasste Otoplastiken sind etwas größer und bieten ebenfalls hohen Tragekomfort. Sie verschließen den Gehörgang deutlich stärker, so dass man in diesem Fall von einer „geschlossenen Versorgung“ spricht. Maßgefertige Ohrpassstücke sitzen deutlich fester als Fixierschirmchen und sorgen damit für eine konstante Hörqualität. Gerade zu Beginn kann sich jedoch das Ohr „verstopft“ anfühlen, was den Gewöhnungsprozess unter Umständen verlängert. Man spricht auch vom Okklusionseffekt.
Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte – Mit welchen Kosten müssen Sie rechnen?
Grundsätzlich gilt: Liegt eine ohrenärztliche Verordnung vor, haben Sie Anspruch auf einen Zuschuss durch die Krankenkasse: Dieser beträgt
- 783,94 Euro für das erste bzw.
- 1.412,89 Euro für zwei Hörgeräte (Stand 2022).
Wie viel Sie zusätzlich aus eigener Tasche leisten müssen, hängt weniger davon ab, ob Sie sich für ein BTE Hörgerät oder ein RIC Hörgerät entscheiden. Vielmehr ist es die jeweilige technische Ausstattung, die für deutliche Preisunterschiede bei den Hörgeräten sorgt. Kosten die sogenannten „Kassenmodelle“, die gerade einmal die Mindestanforderungen an ein modernes Hörgerät erfüllen, i.d.R. um die 800 Euro, sind auch Luxus-Modelle ab 5.000 Euro aufwärts erhältlich.
Eine allgemeingültige Klassifizierung von Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten gibt es leider nicht. Jeder Hersteller entscheidet selbst, welche Hörgeräte er welcher Klasse zuordnet und wie er die einzelnen Leistungs- und Preisniveaus benennt.
Beispielhaft lassen sich die verschiedenen Ausstattungsmerkmale in diese vier Preisklassen einordnen:
- Basisklasse (i.d.R. um 800 Euro): Digitale Technik, Rauschunterdrückung, Spracherkennung, drei Hörprogramme, vier Kanäle. Geeignet für Einzelgespräche in ruhiger Umgebung. Nach Zuzahlung durch die Krankenkasse „kostenlos“.
- Mittelklasse (i.d.R. 1.200 bis 2.000 Euro): Automatische Lautstärkeregelung, Windgeräuschunterdrückung, kabellose Verbindung zu externen Audioquellen, verbessertes Richtungshören, bis zu 12 Kanäle und 4 oder 5 Hörprogramme.
- Premiumklasse (i.d.R. 2.000 bis 2.500): Bis zu 7 Hörprogramme, automatische Hintergrundgeräuschunterdrückung, verbessertes Raumklanggefühl. Viele Features der Mittelklasse auf höherem Niveau.
- Luxusklasse (i.d.R. ab 2.500 Euro): Maximaler Tragekomfort, bis zu 7 Hörprogramme, 360°-Richtungshören.
Alle genannten Preise sind unverbindlich und verstehen sich als grobe Schätzungen.
Und was ist mit den laufenden Kosten für BTE und RITE Hörgeräte?
Im Zuschuss der Krankenkasse sind Service, persönliche Betreuung und laufende Anpassungen für die Dauer von sechs Jahren bereits enthalten. Für diese Leistungen werden also keine Mehrkosten fällig. Lediglich die Verbrauchsmaterialien wie Batterien müssen Sie selbst bezahlen.
HdO-Hörgeräte mit Akku oder Batterie? Für diese Frage haben wir einen eigenen Ratgeber verfasst, der erläutert, für wen Akku- oder Batteriehörgeräte besser geeignet sind. Wenn Sie definitiv ein Hörgerät mit Batterien wollen, können Sie mit diesem Trick 50 % darauf sparen.
- Bei BTE Hörgeräten: Alle vier bis sechs Monate benötigen Sie für einen gleichbleibend guten Klang einen neuen Schallschlauch. Pro Stück werden 4 bis 5 Euro fällig.
- Bei RIC Hörgeräten: Die Cerumenfilter im Ex-Hörer sollten Sie alle 4 bis 6 Wochen wechseln bzw. auch eher, wenn Sie eine Verschlechterung der Klangqualität feststellen. Online erhalten Sie die Filter sehr günstig, oft für weniger als 1 Euro. Tragen Sie ein Ex-Hörer-System mit Domes, wird alle vier bis acht Wochen ein Wechsel der Schirmchen fällig. Schon für 1,20 Euro pro Stück erhalten Sie diese in guter Qualität.
Geht es um die laufenden Kosten, ist der Unterschied zwischen Schlauchsystem und Ex-Hörer-System also unerheblich. Weiterführende Informationen rund um Hörgeräte Preise und laufende Kosten finden Sie verlinkt!
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